Schweinefleisch ist in Deutschland sehr beliebt: Schnitzel, Schinken, Grillwürstchen sind lecker. Doch was passiert mit den Tierkörperteilen, die für den menschlichen Verzehr nicht geeignet sind? Fast alles findet eine Verwendung! Doch kaum jemand weiß wie vielfältig die Einsatzbereiche und wie wichtig die Rohstoffe sind, die aus einem Schwein gewonnen werden.

Tierfutter, Leder oder auch Gelatine fallen einem ziemlich schnell ein, wenn man darüber nachdenkt, was man alles aus dem sogenannten fünften Viertel eines Schweins herstellen kann. Der Gerinnungshemmer Heparin gehört auch dazu und ist nur ein gutes Beispiel für den Beitrag, den die Tierhaltung aktuell – über die Produktion von Lebensmitteln hinaus – leistet.

Was ist Heparin?

Heparin ist ein Gerinnungshemmer zur Behandlung und Vorbeugung von Thrombosen und Embolien. Es findet seit Jahrzehnten erfolgreiche Verwendung in der Humanmedizin und wird – unter anderem – bei chirurgischen Eingriffen eingesetzt oder dient der Prophylaxe bzw. der Therapie von Gerinnungsstörungen wie Thrombosen und Embolien. Es wird auch bei einigen chronischen Krankheiten, die vor allem bei älteren Menschen auftreten, verwendet. Dazu gehören Arterienerkrankungen und Diabetes.

Heparin wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf die Liste von unentbehrlichen Arzneimitteln (WHO Model List of Essential Medicines) gesetzt und gehört somit auch zu den vorrangigen Stoffen zur Versorgung der Bevölkerung.

Die Verwendung von tierischen Bestandteilen zur Herstellung von Heparin reicht mehr als 100 Jahre zurück. Die Schleimhaut vom Schweinedarm ist aktuell die Hauptquelle für die weltweite Produktion von Heparin: Im Jahr 2022 wurden weltweit 90% des Heparins aus Schweinen gewonnen. Das ist darauf zurückzuführen, dass sich die Schweineschleimhaut – im Vergleich zu anderen Quellen, wie z. B. die Rinderschleimhaut und synthetisches Heparin – als eine viel bessere und "sauberere" Quelle erwiesen hat.

Künftige Versorgung Europas mit Heparin in Gefahr?

Die Weltbevölkerung wächst und wird dies voraussichtlich auch in Zukunft tun. Und sie wird – vor allem mit dem steigenden Wohlstand – immer älter. Folglich werden auch die medizinischen Ausgaben und die Nachfrage nach medizinischen Produkten wie Heparin steigen. Die Schweineschlachtung wird auf absehbare Zeit weiterhin die wichtigste Rohstoffquelle zur Heparin-Herstellung bleiben.

Doch während die Nachfrage nach Heparin weltweit steigt, geht – vor allem in Europa – die Anzahl der gehaltenen und geschlachteten Schweine zurück. Das kann regionalen Engpässe bei den Rohstoffen für die Heparin-Herstellung sowie Preisschwankungen verursachen. Das beste Beispiel dafür, wie so etwas abläuft, wurde in den Jahren 2018-2020 geliefert: Durch den Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in China gab es entsprechende Engpässe[1]. Bei einem weiteren Rückgang der europäischen Schweineproduktion könnte die EU zu einem Nettoimporteur von Rohstoffen für die Heparin-Produktion werden.

Die Heparin-Herstellung ist nur ein Beispiel dafür, welche Rolle der Tierhaltung nicht nur als Quelle unserer Nahrungsmittel, sondern auch als Lieferant von Rohstoffen für lebenswichtige Medikamente spielt.