Herr Reiter, aus welchem Grund ist für Sie die Wiederzulassung verarbeiteter tierischer Proteine bei der Nutztierfütterung sinnvoll?

Zunächst sollten wir klären um was es hier nicht geht. Es geht ausdrücklich nicht um Tiermehl, also um zerkleinerte Fleisch- und Knochenreste, die als ungenießbar eingestuft wurden. Dieses ist weiterhin vollständig aus der Lebensmittelkette ausgeschlossen. Es geht zudem nicht um eine Verfütterung von verarbeiteten Proteinen von Wiederkäuern oder an Wiederkäuer.

Bei der Fütterung verarbeiteter tierischer Proteine geht es um Eiweiße, die aus Nebenprodukten der Schlachtung und Zerlegung von Schweinen und Hühnern hergestellt werden, die prinzipiell auch für den Menschen genusstauglich sind. die Schlachttiere zeigten keine Anzeichen einer auf Mensch und Tier übertragbaren Krankheit. Die verarbeiteten tierischen Proteine sind ein wertvoller Rohstoff, den wir sinnvoll einsetzen sollten. Diesen Rohstoff an Schweine oder Geflügel zu verfüttern ist ein erheblicher Beitrag zur Nachhaltigkeit und kann dabei helfen, den Import von Proteinrohstoffen wie Soja zu verringern. Derzeit werden knapp 75 Prozent des Proteinbedarfs in der Nutztierfütterung aus heimischen Quellen gedeckt. Mit der Verfütterung verarbeiteter tierischer Proteine könnte dieser Wert weiter gesteigert werden.

Die Möglichkeit, diese tierischen Nebenprodukte weiterzuverarbeiten und für die Futtermittelherstellung zu nutzen, ist gerade vor dem Hintergrund des europäischen Green Deals und der dazugehörenden Farm to Fork-Strategie ein wichtiger Beitrag zur Nachhaltigkeit.

Was macht die tierischen Nebenprodukte denn so wertvoll bei der Futtermittelproduktion?

Die Nebenprodukte enthalten, wie das vom Menschen verzehrte Fleisch, einen hohen Gehalt an Nährstoffen. Neben dem erwähnten Protein ist das vor allem Phosphor. Phosphor ist eine endliche Ressource die wir nicht wegwerfen dürfen, sondern sicherstellen müssen, dass sie dem Nahrungsmittelkreislauf erhalten bleibt. Wir können in Europa nicht von Green Deal sprechen und dann so nachhaltige Ressourcen ungenutzt lassen.

Die Fraktion der Grünen im EU-Parlament hatte sich für die Aufrechterhaltung des Fütterungsverbotes ausgesprochen und sich mit einem entsprechenden Antrag an den zuständigen Ausschuss des EU-Parlaments gewandt.

Der Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (COM ENCVI) hat dieser Entschließung nicht zugestimmt und hat die teilweise Verfütterung verarbeiteter tierischer Proteine wieder zugelassen. Er folgt damit der Empfehlung der EFSA, dass der Produktionsprozess in der Form gestaltet werden kann, dass Kreuzkontaminationen ausgeschlossen werden können. Das ist aus unserer Sicht auch der richtige Weg. Es wäre doch komplett widersprüchlich, auf der einen Seite zu fordern, die Futtermittelimporte zu verringern und auf der anderen Seite sinnvolle Möglichkeiten abzulehnen, diese zu reduzieren. Das wäre kontraproduktiv.

Stichwort Sicherheit: Die Verfütterung verarbeiteter tierischer Proteine wurde nicht ohne Grund verboten

Mit den Verfütterungsverbot sollte ausgeschlossen werden, dass Wiederkäuer mit Futtermitteln gefüttert werden, die evtl. mit dem BSE-Erreger kontaminiert sein könnten. Die Verfütterung an Wiederkäuer ist auch weiterhin ausgeschlossen. Die EU-Kommission hat sich Ihre Entscheidung, das Verfütterungsverbot teilweise wieder aufzuheben nicht leichtgemacht. Es wurden dazu spezielle Gutachten bei der European Food Safety Authority (EFSA) angefertigt.

Im Kern kam die EFSA zu dem Schluss, dass die Verwendung von verarbeiteten tierischen Proteinen von Geflügel beim Schwein und umgekehrt kein Risiko hinsichtlich einer BSE-Übertragung darstellen. Es gibt also keinen Grund mehr, die Vorteile nicht zu nutzen und Schweineproteine an Geflügel und Geflügelproteine an Schweine zu verfüttern. Die Verarbeitung der Schlachtnebenprodukte zu verarbeiteten Proteinen geschieht mit speziellen Verfahren.

Die Lagerung, Verarbeitung und auch die Vermarktung erfolgt komplett autark von den übrigen Schlachterzeugnissen. Eine vollständige Veterinärüberwachung sowie die lückenlose Dokumentation ab der Schlachtung bis einschließlich Futtermittelproduktion gewährleistet die Sicherheit der Nutzung von verarbeiteten tierischen Proteinen bei der Mischfutterherstellung.

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