Volvo hat sich ambitionierte Ziele gesetzt: Ab 2030 sollen nur noch E-Autos vom Band rollen. Die Produktionsprozesse der Autos sollen bis zu diesem Zeitpunkt mit erneuerbaren Energien durchgeführt werden und die Materialien der Innenräume nur noch aus recycelten Rohstoffen hergestellt werden. Lederbezüge für die Sitze sind nicht mehr vorgesehen. An die Stelle des Naturprodukts werden Stoffe treten, die u.a. aus recycelten Kuststoffen wie PET-Flaschen (Polyethylenterephthalat) bestehen. Der schwedische Autohersteller ist sich nach eigener Angabe sicher, dass er im Sinne der Nachhaltigkeit, des Tierschutzes und vor allem des Tierwohls handelt.

Kunststoffe sind nicht nachhaltig

Doch die durch PR und Marketing getriebene Strategie erweist sich bei genauerem Hinsehen alles andere als umweltfreundlich. Auch wenn der Sitzbezug des neuen E-Autos einmal eine PET-Flasche war und nun wiederverwendet wird, ist es doch ein Ausgangsmaterial, für dessen Herstellung nicht regenerative Energieträger wie Erdöl verwendet wurden. Dessen Verarbeitung laut Umweltbundesamt deutlich mehr CO2 freisetzt, als im Verhältnis dazu die Nutztierhaltung. Doch das ist nicht alles. Damit die Kunststoffe die gewünschte „Anfassqualität“ wie Naturleder bekommen, müssen sie behandelt und bearbeitet werden. Schadstoffe wie Weichmacher, Stabilisatoren, Flammschutzmittel oder auch Füllstoffe sind nötig, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Laut Umweltschutzorganisation BUND sind solche Giftstoffe aber nicht fest in dem Kunststoff gebunden und werden deshalb nach und nach an die Umwelt abgegeben und können über die Atemluft in den menschlichen Körper gelangen.

Da auch schwedische Autos nicht für die Ewigkeit gebaut werden, fällt früher oder später das Problem der Entsorgung an. Während echtes Leder problemlos und rückstandsfrei entsorgt werden kann, stellen Kunststoffe bei der Entsorgung ein ernsthaftes Problem dar. Bei der thermischen Verwertung – also dem Verbrennen – gelangen hochgiftige Dioxine in die Umwelt. Im Sinne des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit ist ein Produkt aus Kunststoff also sicherlich nicht erste Wahl.

Leder ist ein Upcycling-Produkt

Das von der Industrie verarbeitete Naturleder stammt von Nutztieren, die zur Milch- und Fleischerzeugung gehalten werden. Kein Rind wird wegen seiner Haut aufgezogen und geschlachtet. Die Haut fällt aber bei jeder Schlachtung an (z.B. bei einem Rind mit einem Schlachtgewicht von 575 Kilogramm entfallen rund 40 Kilogramm auf die Haut). Sie ist kein Abfall, sondern ein wichtiger Wertstoff, der im Sinne der ganzheitlichen Verwertung des geschlachteten Tieres („Nose to Tail“) weiterverwendet wird. Die Tierhäute sind längst nicht das einzige Schlachtprodukt, das außerhalb der Fleischwirtschaft verwertet wird. Auch die Medizin und die Ernährungsindustrie nutzen tierische Nebenprodukte für Forschung und Produktion.